Photoshop Express: Online-Bildbearbeitung
Webanwendungen werden in Zukunft mit herkömmlicher Desktop-Software konkurrieren. Adobe folgt dem Trend und bietet mit Photoshop Express eine Online-Bildbearbeitungs-Anwendung an. Erste Eindrücke, Kritik und Alternativen ...
Einige sehen in Webanwendungen (also Programmen auf einem Server ausgeführt und über den Webbrowser bedient werden) die Zukunft der Software. Diese würden zugleich einen wesentlichen Teil des Web 3.0 ausmachen. Die Mehrheit steht dem naturgemäß kritisch gegenüber. So oder so, nach Google (mit Google Applications) steigt nun auch Bildbearbeitungs-Spezialist Adobe in diesen Markt ein.
Adobes erste Webanwendung heißt Adobe Photoshop Express und bietet die grundlegendsten Funktionen für Fotobearbeitung. Es richtet sich daher vor allem an all jene, die gelegentlich einmal Fotos bearbeiten wollen ohne dafür Software am eigenen Rechner zu installieren.
Realisiert ist Photoshop Express auf Anwenderseite mit Flash, und serverseitig mit Flex. Eine AJAX-Lösung wäre hingegen nicht praktikabel gewesen, weil die Bilder dann serverseitig bearbeitet werden müssten und dies enorme Serverkapazitäten in Anspruch nehmen würde. Zudem umgeht man damit auch sämtliche Browser-Eigenheiten und Kompatibiltätsprobleme.
Test und Eindrücke
Gleich beim ersten Aufruf fällt vor allem die schön gestaltete und sehr übersichtliche Benutzeroberfläche auf. Die Registrierung geht relativ schnell voran (wobei man streiten kann, ob Herkunftsland und Geburtsjahr aus rechtlichen Gründen wirklich erhoben werden müssen). Und danach kann man auch schon loslegen. Im ersten Schritt wählt man einfach Bilder vom eigenen Rechner aus und lädt diese hoch, was ebenso zügig vonstatten geht.
Sind die ersten Fotos online, kann man diese in der Bibliothek ansehen. Auch diese gefällt mir sehr gut. Alle wichtigen Funktionen sind vorhanden - verschiedene Ansichten, Skalieren der Vorschaugröße und Sortieren. Die Fotos können auch in öffentliche Alben gestellt werden. Insgesamt stehen übrigens 2 GB Speicherplatz kostenlos zur Verfügung und hochgeladene Bilder dürfen auch auf anderen Seiten eingebunden werden.
Photoshop Express ist aber nicht nur ein weiteres Web-Album, sondern primär zur Fotobearbeitung da. Hierbei hatte ich anfangs bei einem 2MB großen Bild aber Probleme, Bild und Interface wurden nicht korrekt geladen. Erst nach Neustart und mit einem kleineren Bild hat es dann geklappt.
Wie nicht anders zu erwarten war, sind nur die grundlegendsten Funktionen vorhanden. Eine umfangreiche Auswahl an Filtern oder Profiwerkszeugen gibt es natürlich nicht (schließlich will Adobe mit diesen dann Geld verdienen). Zu den vorhanden Funktionen zählen Werkzeuge zum Drehen, Schneiden, Entfernen von roten Augen, Schärfen, Verzerren und Ändern der Sättigung, sowie Farbfilter und eine Auto-Korrektur.
Insgesamt macht Photoshop Express (abgesehen von der kleinen, oben erwähnten Macke) bereits in der Testphase einen sehr guten Eindruck. Die Bedienung ist durchgehend so einfach gehalten, dass jeder Anfänger mit Photoshop Express zurecht kommen sollte. Die eine oder andere zusätzliche Funktion würde aber nicht schaden.
Geschäftsmodell
Eine andere Frage ist natürlich: Wer braucht so etwas, wenn es heutzutage schon Bildbearbeitungs-Software gibt, die mehr leistet und Freeware ist? Schließlich hat jede Online-Applikation auch Nachteile - wie etwa zusätzliche Ladezeiten oder die Abhängigkeit vom Anbieter, der das Service natürlich auch einstellen könnte. Ob das Angebot genutzt werden wird, muss sich erst zeigen.
Die andere Frage ist natürlich, was sich Adobe davon erwartet, und was das Geschäftsmodell ist. Naturgemäß bietet es sich ein, mit einem Abomodell zusätzlichen Speicherplatz (zusätzlich zu den bereits großzügigen 2 GB) zu verkaufen. Auch zusätzliche Funktionen könnten gegen Bares zur Verfügung gestellt werden. Zudem gelingt es Adobe vielleicht auch Einsteiger für das Thema Bildbearbeitung interessieren. Diese hätten dann positive Erfahrungen mit Photoshop und würden somit eher Adobe-Produkte wie etwa Photoshop Elements kaufen. Eine klassische Follow the Free
-Strategie also.
Fragwürdige Nutzungsbedingungen
Zu Beginn der öffentlichen Testphase stand jedoch ein ganz anderes Thema im Mittelpunkt: Die Nutzungsbedingungen. Für diese hagelte es von allen Seiten Kritik. Ursprünglich räumten die Nutzungsbedingungen Adobe nicht nur das Recht ein, die hochgeladenen Bilder selbst zu verwenden, sondern auch Nutzungsrechte an diesen zu verkaufen:
Adobe does not claim ownership of Your Content. However, with respect to Your Content that you submit or make available for inclusion on publicly accessible areas of the Services, you grant Adobe a worldwide, royalty-free, nonexclusive, perpetual, irrevocable, and fully sublicensable license to use, distribute, derive revenue or other remuneration from, reproduce, modify, adapt, publish, translate, publicly perform and publicly display such Content (in whole or in part) and to incorporate such Content into other Materials or works in any format or medium now known or later developer.
Mit diesem (unüberlegten oder bewusst so verfassten) Passus lenkte Adobe ungewollt von einer Diskussion über das eigentliche Produkt ab. Ebenso bleiben ein paar zusätzliche Kratzer am Image der Firma zurück. Adobe hat aber professionell reagiert und sofort eine Nachbesserung angekündigt:
We’ve heard your concerns about the terms of service for Photoshop Express beta. We reviewed the terms in context of your comments - and we agree that it currently implies things we would never do with the content. Therefore, our legal team is making it a priority to post revised terms that are more appropriate for Photoshop Express users. We will alert you once we have posted new terms.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden allerdings noch keine Änderungen an den Nutzungsbedingungen vorgenommen. Wem die Lizenzbedingungen zu suspekt sind, der kann in der Zwischenzeit einmal die Alternativen testen ...
Nachtrag: Die Nutzungsbedingungen wurden per 06. April 2008 geändert. In diesen heißt es nun sinngemäß: Adobe erhebt keine Eigentumsansprüche an Inhalten, benötigt jedoch bestimmte Rechte, um sämtliche Funktionen des Dienstes in Einklang mit den Gesetzen anbieten zu können. Welche Rechte das genau sind, wird genau aufgeschlüsselt und scheint unbedenklich zu sein.
Artikel ver�ffentlicht von Thomas Graf am 03. April 2008 | Tweet