Googles neue Strategie gegen Linkhandel
Google arbeitet an einem neuen Tool zur Entwertung von bezahlten Links. Will Google eine heimliche Entwertung ermöglichen und damit den Linkhandel in eine Vertrauenskrise stürzen?
Organische Links sind zunehmend schwieriger zu bekommen. Dies führt zu einem blühenden Linkhandel — Linktausch, Linkmiete und Linkkauf gehören zum Standard-Repertoire jedes SEOs. Google kämpft zwar dagegen an, allerdings nur mit mäßigen Erfolg. Gelegentliche Warnschüsse gegen offensichtliche Linkhändler und Denunziations-Möglichkeiten haben zwar bei manchen für Verunsicherung gesorgt, aber ingesamt konnte Google den Linkhandel nie effektiv einbremsen.
Bereits seit längerer Zeit habe ich eine Idee im Kopf gehabt, wie Google den Linkhandel effektiv bekämpfen könnte. Google müsste auf sehr perfide Art das Vertrauen der Linkhändler untereinander zerstören. Dies könnte damit erreicht werden, indem Links als ungültiger Nofollow-Link markiert werden ohne dass dies das Gegenüber feststellen könnte — also beispielsweise über die Google Webmaster Tools. Und scheinbar hat Google nun genau das vor ...
Bei der Pubcon in Las Vegas hat auch Matt Cutts wieder eine Rede gehalten. In einer Zusammenfassung seines Vortrags ist mir gleich ein Punkt aufgefallen, der in der SEO-Szene meines Wissens nach nirgendwo besondere Erwähnung fand. Google plant demnach ein neues Tool, um bezahlte Links zu entwerten. Meiner Interpretation nach kann das nur ein Tool für die GWT sein, mit der man diese Entwertung heimlich ohne Wissen der Linkpartner vornehmen kann. Andere Varianten würden keinen Mehrwert gegenüber der bestehenden rel=nofollow-Lösung bieten.
Die folgenden Schlussfolgerungen setzen die Richtigkeit meiner Interpretation voraus. Ein derartiges Entwertungs-Tools würde den Markt für Backlinks umgehend in eine Vertrauenskrise stürzen. Leistungen der Partner werden nicht mehr nachvollziehbar, es liegen asymmetrische Informationen vor. Asymmetrische Information führen zu einem Marktversagen, in diesem Fall spricht man auch vom sogenannten Saure-Gurken-Problem.
Die Zahlungsbereitschaft seitens der Käufer wird erheblich sinken, denn das Risiko eines ungültigen Links muss in den Preis einkalkuliert werden. Manche werden wegen der Verunsicherung gar keine Links mehr einkaufen, ebenso wird der Verkauf von guten Links wegen der gesunkenen Preise an Attraktivität verlieren. Das Angebot an Links wird dadurch ingesamt qualitativ schlechter.
Natürlich würde nicht jeder Linkverkäufer seine Links entwerten. Schließlich wäre dies auch ein Vertragsbruch und könnte zumindest in der Theorie auch rechtliche Schritte nach sich ziehen. Auf der anderen Seite haben Linkverkäufer auch Angst vor Abstrafungen durch Google und könnten durch eine heimliche Entwertung nun ohne das Risiko einer Abwertung am vermeintlichen Linkkauf verdienen. Für den Linkpartner wäre ein Vertragsbruch mit dem neuen Tool nicht nachvollziehbar, und folglich auch nicht verfolgar. Alleine diese thoretische Betrugs-Möglichkeit reicht aus, um eine Vertrauenskrise auszulösen — unabhängig davon wie viele Linkhändler sich tatsächlich so verhalten.
Die einzige Möglichkeit zur Überprüfung der Links wäre dann ein direkter Zugang über die Google Webmaster Tools. Doch wer würde einem Linkkäufer schon einen derartigen Zugang geben, mit dem dieser auch gleich Zugang zur Liste aller Links und Keywords erhhalten würde? Mit der eventuellen Ausnahme von Großeinkäufern würde niemanden dieser Zugang gewährt werden.
Linkkäufer müssen dann die Wirksamkeit von Links testen — dies ist allerdings eine komplizierte Aufgabe und funktioniert nicht bei massenhaftem Linkhandel. Abgesehen davon wird die Vertrauenswürdigkeit des Linkanbieters wichtiger — persönliche Kontakte statt einmaliger Transaktionen über Linkhandels-Plattformen. Zu guter Letzt werden gerade Agenturen auch mehr in den Aufbau eigener Linknetzwerke investieren müssen und den Anteil eingekaufter Links verringern.
Wenn Google ein derartiges Tool erstellt, könnte dies tatsächlich Wirkung zeigen. Der Linkhandel wäre damit noch immer nicht tot, aber er würde zumindest merkbar gehemmt werden. Jedenfalls ist dies effektiver als gelegentliche Warnschüsse gegen eine kleine Minderheit von Linkhändlern.
Artikel ver�ffentlicht von Thomas Graf am 16. November 2010 | Tweet
Sascha 17. November 2010 [#] |
"Pubcon in Los Angeles" - War in Las Vegas. |
Enrico 17. November 2010 [#] |
Das würde auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bedeuten. Man kennt und schätzt sich in der Szene, zumindest bei vielen. Und was hätte denn ein Linkverkäufer davon die Links zu entwerten? Außer das er sich selbst bei Google outet und, wenns denn auffliegt, ne Menge Ärger sowie eine verlorene Einnahmequelle erhält?!I |
activetraffic 17. November 2010 [#] |
...das wäre dann eine manuelle Entwertung durch User! Quality Rater und auch Automatismen entwerten Links unsichtbar schon jetzt, schon seit Monaten.... Grüße Nico |
Thomas 17. November 2010 [#] |
@Sascha: Danke für den Hinweis, ist ausgebessert ... @Enrico: Diesen Aspekt habe ich schon kurz angesprochen. Wer sich persönlich kennt und einander vertraut, wird damit keine großen Probleme haben. Aber wie viele Leute können auf solche Kontakte in ausreichender Zahl zurückgreifen? Leider gibt es dazu keine Statistiken, aber meiner Einschätzung wird die Mehrheit eher mit persönlich nicht bekannten Website-Betreibern handeln. Insbesondere wenn man auch Linktausch berücksichtigt und auch noch an die weniger professionellen SEOs denkt. @Nico: Ja, das sollte allgemein bekannt sein, dass Google das bereits macht. Aber die können natürlich nur einen kleinen Teil der gekauften Links zuverlässig als solche identifizieren ... |
Matthias 18. November 2010 [#] |
Warum bitte sollte ich einen Link entwerten, für den ich Geld bekomme? Der einzige Grund einen Link zu entfernen bestand m.E. darin einen Verlust von Linkjuice zu vermeiden (aber das Kindergartenspiele). Diesen verliert man bei Maskierung mit NoFollow, warum sollte dies bei einer anderen Methode nicht der Fall sein? Warum sollte also jemand einen Link entwerten, wenn kein Vorteil, aber gewaltige Nachteile daraus entstehen? Cool down! |
Thomas 18. November 2010 [#] |
@Matthias: Da möchte ich meine Antwort einmal mit einer Gegenfrage beginnen: warum setzen die meistens SEOs auch Tools zum Monitoring von bezahlten und getauschten Links ein? Weil es schon jetzt unglaublich viele Leute, die beim Linkhandel irgendwelche krummen Dinger drehen (ein herrliches Beispiel von vielen), und das obwohl das ein professioneller Linkbuilder derzeit noch aufdecken kann. Die Integrität von vielen Linkhändlern ist nicht gerade groß. Die Motive sind im Einzelfall nicht immer nachvollziehbar, schließlich muss dann immer der neue Praktikant als Schuldiger herhalten oder es gibt sonstige unfassbare Begründungen ;-) Den verlorenen Linkjuice können hoffentlich alle gegen ein paar Euro verschmerzen, obwohl das für wenig bewandte "SEOs" auch ein Motiv sein könnte. Ich glaube aber, dass das stärkste Motiv die abstrakte Furcht vor Abstrafungen durch Google ist. Auch wenn da einige erfahrene SEOs nur schmunzeln werden, so muss man eben bedenken, dass man es beim breit angelegten Linkhandel überwiegend mit Halbwissenden und Unwissenden zu tun hat ... |
Max 18. November 2010 [#] |
Ich denke nicht, dass dies entscheident Linkkauf unterbindet. Bei kleineren unbekannten Partnern sicherlich, aber im Endeffekt spielt es doch keine Rolle, warum ein Link nicht funktioniert, ich bestelle ihn nach kurzer Zeit wieder ab...Dem Verkäufer bringt es also nichts, außer schlechte PR und weniger Umsatz auf lange Zeit. Sowas spricht sich doch schnell rum, auch außerhalb von Twitter und co. |
Tom 25. November 2010 [#] |
Auf meinem Webseiten-Netzwerk, welches ich mir mühevoll aufgebaut und so gestaltet habe, dass es Google nach Möglichkeit nicht erkennt, setze ich weder Google AdSense noch Google Analytics ein und dann soll ich es dieser Theorie entsprechend freiwillig bei den Webmastertools offenlegen und mich zusätzlich noch als Linkverkäufer outen, indem ich die Links meiner Kunden bei Google hinterlege? |
Thomas 27. November 2010 [#] |
@Tom: Niemand hat behauptet, dass dies auch nur annähernd jeder machen würde. In meinen Thesen geht es nur darum, dass bereits die thoretische Möglichkeit, um das Vertrauen der Linkhandelspartner untereinander zu stören. Auch über mögliche Motivationen habe ich mich bereits ausgelassen - sieh es quasi als Kronzeugenregelung - und Google verbietet ja keinen Linkhandel, sondern nur wenn man diesen Link nicht unwirksam macht. |
Michael 01. Dezember 2010 [#] |
Also ich finde die Thesen sehr interessant, gerade den Bezug zur neuen Ökonomik finde ich sehr gut. Das bringt neue theoretische Facetten in die üblichen eintönigen SEO Artikel. Das ist auch naheliegend, Märkte funktionieren nach bestimmten Gesetzen. Märkte versagen auch unter bestimmten Umständen. Eines dieser Umstände sind eben asymetrische Informationsverteilung. Wenn das Vertrauen sinken kann, wird es sich zwangsläufig auf das Marktergebnis negativ auswirken. Die Frage bleibt, schafft es Googel das Vertrauen in diese Institutionen wie die Link Verkaufsportale ins wanken zu bringen. Wenn ja ist es zumindest theoretisch durchaus möglich diesen Markt negativ zu beeinflußen. So viel würde dieser Versuch Googel nicht kosten. |